Broker pleite – Sind meine Aktien jetzt weg?

Gerade wenn man von Systemausfällen bei großen, etablierten Brokern liest, wie zuletzt bei Trade Republic oder auch teilweise bei Flatex, fragt man sich: Sind mein Geld und meine Aktien dort sicher? Stell dir vor, dein Broker geht plötzlich pleite! Was passiert dann mit deinen hart ersparten Aktien und deinem Geld? Sind sie einfach weg? In diesem Artikel gehe ich darauf ein, was mit deinem Vermögen passiert, wenn du dein Geld bei einem österreichischen oder deutschen Broker deponiert hast.


Wie sind meine Aktien und mein Geld geschützt?

  • Aktien und andere Wertpapiere sind Sondervermögen: Das bedeutet, sie gehören dir und nicht dem Broker. Im Falle einer Pleite fallen sie nicht in die Insolvenzmasse. Du hast einen gesetzlichen Anspruch auf Herausgabe deiner Wertpapiere. In der Regel erfolgt dann ein Depotübertrag zu einem anderen Broker. Näheres dazu im Kapitel Ablauf einer Brokerpleite.
  • Einlagensicherung für Guthaben: Dein Geld auf dem Verrechnungskonto ist sowohl in Österreich als auch in Deutschland bis zu 100.000 Euro pro Bank und Kunde durch die Einlagensicherung geschützt. Auch hier gibt es mehr Infos im Kapitel Ablauf einer Brokerpleite. Prüfe, ob Ihr Broker selbst über eine Banklizenz verfügt oder welche Partnerbank für die Verwahrung des Guthabens zuständig ist.
  • Anlegerentschädigung für Wertpapiere: Falls deine Aktien oder andere Wertpapiere ausnahmsweise nicht herausgegeben werden können, beispielsweise bei Betrug oder Verlust, greift die Anlegerentschädigung. In Deutschland werden 90 Prozent des Schadens bis maximal 20.000 Euro ersetzt. In Österreich erhältst du 100 Prozent bis maximal 20.000 Euro. Die Anlegerentschädigung deckt jedoch keine Verluste aufgrund von Kursänderungen ab.

Achtung bei Kryptowährungen! Kryptowährungen sind nicht wie Aktien oder Guthaben geschützt und gelten in der Regel nicht als Sondervermögen. Im Falle eines Konkurses des Brokers kann es schwierig sein, deine Kryptos zurückzubekommen. Die Anlegerentschädigung zahlt in der Regel nicht dafür. Häufig werden sie aber treuhänderisch verwahrt und vom jeweiligen Broker separat gehalten, damit sie nicht in die Insolvenzmasse fallen. Bei einer größeren Krypto-Position ist es aber ohnehin ratsam, diese in einem so genannten Cold-Wallet aufzubewahren und damit den Schlüssel selbst zu verwalten. Dies erhöht zwar das Risiko eines Schlüsselverlustes, macht aber unabhängig von Banken und Brokern.


Wie ist der Ablauf wenn ein Broker pleite geht?

Wenn dein Broker in Österreich oder Deutschland pleitegeht, ist der Ablauf im Großen und Ganzen ähnlich:

  • 👨‍⚖️ Antrag beim Gericht: Der Broker selbst oder seine Gläubiger stellen einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim zuständigen Gericht.
  • 👨‍⚖️ Bestellung eines Verwalters: Das Gericht bestellt einen Insolvenzverwalter (in Österreich auch Masseverwalter genannt), der die Kontrolle über das Vermögen des Brokers übernimmt.
  • 📨 Anmeldung der Ansprüche: Wichtig! Du musst selbst aktiv werden! Du musst deine Ansprüche auf deine Wertpapiere und dein Geld beim Insolvenzverwalter anmelden.
  • ➡️ Übertragung der Wertpapiere: Deine Aktien und andere Wertpapiere sollten auf ein anderes Depot übertragen werden. Wenn du bereits ein anderes Depot hast, hast du hier einen zeitlichen Vorteil, da du dies bei der Anmeldung der Ansprüche sofort angeben kannst. Leider kann es einige Monate dauern, bis du wieder Zugriff auf deine Wertpapiere hast und diese übertragen wurden.
  • 💶 Auszahlung des Guthabens: Dein Geld auf dem Verrechnungskonto ist durch die Einlagensicherung geschützt. In Deutschland erfolgt die Auszahlung in der Regel innerhalb von sieben Werktagen nach Feststellung des Entschädigungsfalles durch die BaFin, in der Praxis dürfte dies jedoch länger dauern. In Österreich kann es bis zu drei Monate dauern, bis die Auszahlung nach Feststellung der Berechtigung erfolgt.
  • 😥 Anlegerentschädigung: Wenn Wertpapiere fehlen oder nicht eindeutig zugeordnet werden können, greift die Anlegerentschädigung wie bereits im vorigen Kapitel erwähnt. Die Frist für die Geltendmachung beträgt in Österreich ein Jahr ab Bekanntgabe des Sicherungsfalls.

Wo liegen meine Aktien eigentlich? (Sammelverwahrung)

Deine Aktien werden heute in der Regel nicht mehr in Papierform aufbewahrt. Stattdessen werden sie elektronisch in der Sammelverwahrung gehalten. Das bedeutet, dass Wertpapiere gleicher Art zentral gelagert werden, aber dein Eigentum daran bestehen bleibt.

In Deutschland ist Clearstream Banking Frankfurt (CBF) der Zentralverwahrer. In Österreich übernimmt diese Rolle die OeKB CSD GmbH (Oesterreichische Kontrollbank CSD). Dein Broker führt bei diesen Zentralverwahrern ein Konto, auf dem deine Aktienbestände als Bucheinträge registriert sind. Du als Anleger erhältst von deinem Broker einen Depotauszug, der diese Bestände widerspiegelt.

Bei Flatex sieht du zum Beispiel direkt bei der jeweiligen Position eine Information über die Verwahrstelle.
Auch für Trade Republic findet man diese Information relativ rasch mit etwas Internetsuche, das in der Regel Clearstream Frankfurt für die Verwahrung zuständig ist.

Da deine Aktien als Sondervermögen bei den Zentralverwahrern liegen und nicht zum Vermögen des Brokers gehören, hast du grundsätzlich einen Anspruch auf Rückgabe. Dieser Prozess kann jedoch, wie bereits erwähnt, mehrere Wochen oder Monate dauern, in denen du keinen direkten Zugriff hast und Kursschwankungen ausgesetzt bist.


Ausnahmen und Risikoszenarien für Anleger im Insolvenzfall

Obwohl das Sondervermögen einen starken Schutz für Anleger bietet, gibt es Ausnahmen und Szenarien, in denen Anleger ihr Geld oder ihre Aktien möglicherweise nicht vollständig oder nur mit Verzögerung zurückerhalten könnten.

  • Wertpapierleihe: Wenn der Broker deine Wertpapiere verliehen hat, kann die Rückgabe verzögert oder erschwert sein.
  • Betrug: Bei betrügerischen Handlungen des Brokers (z.B. nie gekaufte Wertpapiere) greift möglicherweise nur die Anlegerentschädigung.
  • Nicht zuordenbare Wertpapiere: Fehlerhafte Buchführung können dazu führen, dass Wertpapiere nicht eindeutig zugeordnet werden können.
  • Wertpapiere als Sicherheit: Wenn Wertpapiere als Sicherheit für Forderungen des Brokers dienen (z.B. bei einem Wertpapierkredit).
  • Fractional Shares: / Teilaktien Die Behandlung von Bruchteilen von Aktien kann speziell sein, wenn diese nicht als ganze Aktien gehalten werden. Bei Trade Republic befinden sich die Teilaktien laut Aussage des Brokers auch im Besitz des Kunden und gelten somit auch als Sondervermögen. Bei anderen Brokern kann es sein, dass die Teilaktie über Derivate abgebildet wird, was die Situation deutlich komplexer macht.

Warum kann ein Broker pleitegehen?

Aber wie wahrscheinlich ist es, dass ein Makler in Konkurs geht? Ist das überhaupt möglich?

Ein Broker kann aus verschiedenen Gründen in Schwierigkeiten geraten:

  • Zu wenig Geld: Wenn der Broker nicht genügend liquide Mittel oder mehr Schulden als Vermögen hat. Es gibt strenge Aufsichtsregeln, die von der BaFin in Deutschland oder der SEC in den USA überwacht werden. Es müssen bestimmte Eigenkapitalquoten und ein Risikomanagementsystem vorhanden sein.
  • Hebelprodukte / Margin Calls: Wenn Kunden mit Kredit (Margin) handeln und ihre Positionen bei einem Crash massiv an Wert verlieren, können sie mehr verlieren, als sie eingezahlt haben. Deshalb gibt es in diesem Fall einen Margin Call oder einen Glattstellungsauftrag, bei dem dein Broker in diesem Fall automatisch deine Aktien verkauft, damit dein Depot und dein Verrechnungskonto gedeckt sind.
  • Schlechtes Geschäftsmodell: Gerade Online-Broker mit sehr niedrigen Gebühren können Probleme bekommen, wenn sie nicht genug verdienen.
  • Marktkrisen: Ein Börsencrash kann auch den Broker treffen. Vor allem Broker mit Eigenhandel (Investmentbanken oder Market Maker), die selbst auf Kursentwicklungen spekulieren, können in solchen Phasen Verluste erleiden.
  • Fehlentscheidungen: Riskante Geschäfte oder schlechtes Management können zum Ruin führen.
  • Betrug: Leider gibt es auch Fälle, in denen Broker ihre Kunden betrügen. Gerade im Kryptobereich, wo es viele undurchsichtige Broker gibt, ist Vorsicht geboten.
  • Strafen: Wenn sich der Broker nicht an die Regeln hält, kann er hohe Strafen zahlen müssen.

Tipps um dich gegen eine Brokerpleite abzusichern

Auch wenn es in Deutschland und Österreich bisher keine größeren Insolvenzen von Brokern gegeben hat, von denen breite Anlegerkreise betroffen waren, so gibt es doch einige Beispiele aus der Vergangenheit, die die möglichen Folgen verdeutlichen. Das wohl prominenteste Beispiel ist die Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers (2008), die der Auslöser für den großen Börsencrash war.

Hier finden Sie einen Überblick über die größten Börsen-Abstürze der letzten 100 Jahre mit ihren Folgen und den wichtigsten Lehren.

Um dich vor den Folgen einer Brokerinsolvenz zu schützen, kannst du verschiedene praktische Maßnahmen ergreifen.

  • 🕵️ Konto und Depotbewegungen tracken: Lade regelmäßig deine Kontoauszüge herunter und überprüfe sie auf Richtigkeit. Bewahre sie auf, um im Falle einer Insolvenz deine Ansprüche geltend machen zu können. Am besten verfolgst du deine Depots parallel zu deinen Brokern in einem Portfolio-Tracking-Tool wie zum Beispiel folishare.com, damit du deine Bestände jederzeit abgleichen kannst.
  • Risiko streuen durch mehrere Broker: Verteile dein Vermögen auf mehrere Broker oder Banken. Auch hier gilt der Grundsatz der Diversifikation. Es schadet nicht, mehrere Broker zu haben, oft ist es sogar von Vorteil, weil jeder Broker bei bestimmten Finanzinstrumenten günstiger ist oder einfach besser handelt.
  • Sicherungssysteme kennen: Informiere dich über die Einlagensicherung und Anlegerentschädigung deines Brokers und beachte die Deckungsgrenzen.
  • AGB lesen: Auch wenn es lästig ist. Lies dir die Allgemeinen Geschäftsbedingungen deines Brokers genau durch, insbesondere was die Verwahrung deiner Wertpapiere und eine eventuelle Wertpapierleihe betrifft. Das ist vor allem bei Neo-Brokern wichtig. Oder suche im Internet nach Artikeln, der eine oder andere hat das Thema sicher schon für deinen Broker recherchiert. Die wenigen Minuten Recherche geben dir die Sicherheit, dass dein Vermögen im Falle einer Insolvenz geschützt ist.
  • Guthaben begrenzen: Halte nicht unnötig hohe Beträge auf dem Verrechnungskonto.
  • Brokerwahl: Wähle einen Broker nicht nur nach Kosten, sondern auch nach Seriosität und Bonität.

Fazit

Die Angst vor der Insolvenz des Brokers und dem Verlust der eigenen Aktien ist für Anleger verständlich. Dieser Artikel zeigt jedoch, dass es in Österreich und Deutschland ein umfassendes System zum Schutz von Wertpapieren und Guthaben gibt. Aktien und andere Wertpapiere gelten als Sondervermögen und sind daher im Falle einer Brokerpleite grundsätzlich vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt. Guthaben auf Verrechnungskonten sind durch die Einlagensicherung bis zu 100.000 Euro abgesichert. Für den Fall, dass Wertpapiere ausnahmsweise nicht geliefert werden können, bietet die Anlegerentschädigung eine zusätzliche Sicherheitsstufe.

Es ist wichtig, dass du deinen Broker nicht nur nach den Kosten, sondern auch nach der Sicherheit auswählst. Investiere ein paar Minuten Recherche, bevor du dich bei einem Broker anmeldest, um dein Geld nicht unnötig aufs Spiel zu setzen.

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