Exchange Traded Funds (ETFs) gelten als eine der beliebtesten Anlagemöglichkeiten für Privatanleger. Sie versprechen niedrige Kosten, breite Diversifikation und eine einfache Möglichkeit an der Börse zu investieren.
Doch trotz dieser Vorteile gibt es einige gravierende Nachteile, die oft übersehen werden. Obwohl ich mich in den meisten Videos für ETFs ausspreche, erfährst du in diesem Beitrag, warum ETFs nicht immer die beste Wahl sind und welche Risiken sie bergen.
Passive Anlagestrategie und fehlende Flexibilität
ETFs sind passive Anlagen, die einen Index abbilden und nicht aktiv verwaltet werden. Das bedeutet, dass du als Anleger keine Möglichkeit hast, individuell auf Marktveränderungen zu reagieren. Wenn der Markt in eine Krise gerät, bist du gezwungen, diese voll mitzumachen, ohne gezielt gegensteuern zu können.
Man darf sich auch in einem ETF nicht sicher fühlen, im Coronacrash ist z.B. auch ein ETF auf den S&P500 Index in kurzer Zeit um 30 % gefallen.

Darüber hinaus sind ETFs für kurzfristig orientierte Anleger, die hohe Renditen erzielen wollen, nicht geeignet. Durch die passive Struktur können keine gezielten Chancen genutzt werden, wie dies bei Einzelaktien möglich wäre. Wer also auf schnelle Gewinne spekuliert oder aktiv an den Märkten handeln möchte, wird mit ETFs nicht glücklich.
Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass man sich bei ETFs weniger um diesen Teil des Portfolios kümmert, da ein ETF aus hunderten von Aktien besteht und daher schwer zu analysieren ist. Bei Einzelinvestments setzt man sich viel intensiver mit dem jeweiligen Unternehmen auseinander.
Marktrisiko und Klumpenrisiko
ETFs bieten zwar Diversifikation, können dich aber nicht vor Marktrisiken schützen. Wenn der gesamte Markt fällt, fällt auch dein ETF.
Besonders problematisch sind ETFs, die sich auf bestimmte Indizes konzentrieren, die von wenigen großen Unternehmen dominiert werden.
Ein Beispiel: Im S&P 500 machen einige wenige Tech-Giganten wie Apple, Microsoft und Amazon einen großen Anteil aus. Dadurch entsteht ein Klumpenrisiko – man glaubt, breit gestreut zu investieren, ist aber in Wirklichkeit stark von wenigen Unternehmen abhängig.
Auch die Länderallokation vieler ETFs ist sehr stark auf die USA ausgerichtet, was in Zukunft nicht unbedingt die beste Wette sein muss.


Zudem besteht die Gefahr, dass ETFs aufgrund ihres enormen Volumens selbst den Markt verzerren. Da ETFs als Anlageform sehr beliebt sind und regelmäßig gekauft werden, werden bestimmte Aktien automatisch immer wieder nachgekauft. Dies kann dazu führen, dass einzelne Aktien oder ganze Branchen stark überbewertet werden.
Liquiditätsrisiko in Stressphasen
Ein weiterer oft unterschätzter Nachteil von ETFs ist das Liquiditätsrisiko in turbulenten Marktphasen. Wenn es an der Börse kriselt, wollen viele Anleger gleichzeitig verkaufen. Bei ETFs, die in weniger liquide Werte investieren, kann das dazu führen, dass es plötzlich keine Käufer mehr gibt oder der Preis stark abweicht. Dies kann dir vor allem bei schlecht gehandelten kleineren ETFs passieren.
Und ja, es gab solche Fälle! Gerade ETFs auf hochverzinsliche Unternehmensanleihen (Junk Bonds) sind während der Finanzkrise 2008 massiv unter Druck geraten. Ein weiterer Fall ist der kurzzeitig negative Ölpreis im Jahr 2020, der dazu führte, dass einige ETFs zeitweise keine neuen Anteile mehr ausgeben konnten.
Risiken synthetischer ETFs
Nicht alle ETFs kaufen tatsächlich die Aktien, die sie abbilden. Viele setzen auf synthetische Nachbildungen mittels Derivaten oder Swaps.
Dadurch sind Anleger einem zusätzlichen Kontrahentenrisiko ausgesetzt: Wenn die Bank oder das Finanzinstitut, das die Swaps anbietet, in finanzielle Schwierigkeiten gerät oder zahlungsunfähig wird, kann dies zu hohen Verlusten führen. Ein weiteres Problem der synthetischen ETFs ist ihre Intransparenz. Da der ETF die Wertpapiere nicht direkt hält, sondern sich auf einen Kontrahenten verlässt, ist für Anleger oft unklar, welche Absicherungen tatsächlich bestehen und welche versteckten Risiken damit verbunden sind.
Ich persönlich kaufe nur ETFs, die die jeweiligen Wertpapiere direkt physisch kaufen.
Rebalancing-Problematik und erzwungene Verkäufe
Viele ETFs müssen in bestimmten Zeitabständen ein sogenanntes Rebalancing durchführen. Dabei werden Wertpapiere verkauft oder gekauft, um die Gewichtung an den Index anzupassen. In turbulenten Marktphasen kann dies dazu führen, dass ETFs zu ungünstigen Kursen handeln müssen, was sich negativ auf deine Rendite auswirken kann.
Steuerliche Herausforderungen
Die steuerliche Behandlung von ETFs ist oft komplex und variiert von Land zu Land. Insbesondere bei thesaurierenden ETFs, die Erträge automatisch reinvestieren, können sich steuerliche Fallstricke ergeben. In Österreich und Deutschland werden auch fiktive Erträge und Ausschüttungen direkt besteuert. Mehr dazu in einem späteren Artikel.
Überangebot und Komplexität des ETF-Marktes
Mittlerweile gibt es Tausende von ETFs, die alle möglichen Indizes, Branchen und Strategien abbilden. Für Privatanleger kann es schwierig sein, den Überblick zu behalten und die richtige Wahl zu treffen. Oft gibt es für ein und dasselbe Thema viele verschiedene ETFs, die in der Regel alle das Gleiche beinhalten, aber durch bestimmte Zusätze unterschiedlich strukturiert sind. Ich plane demnächst einen Artikel über die Aufschlüsselung des ETF-Namens, um das richtige Produkt zu wählen.
Eine kleine Beobachtung, die tatsächlich häufig vorkommt: Immer wenn ein Thema sehr gehypt wird, werden nach ein paar Monaten ETFs auf dieses Trendthema aufgelegt. Das liegt natürlich daran, dass die Fondsgesellschaften ein Produkt anbieten, das eine hohe Nachfrage hat und ein stark nachgefragtes Marktsegment bedienen wollen. Sehr oft kommt es aber vor, dass solche ETF-Neuemissionen am Ende eines starken Anstiegs eines Hypethemas erscheinen. Das bedeutet nicht, dass thematische ETFs schlecht sind, aber es ist ein erster Indikator dafür, dass ein Bereich vielleicht schon zu viel Aufmerksamkeit bekommen hat.
Fazit
In meinem Gesamtportfolio machen ETFs ca. 30% aus, zusätzlich bespare ich meine ETF-Positionen monatlich, um vom Cost-Average-Effekt zu profitieren.
Weitere Informationen zur Anlage in ETFs finden sich in diesem Artikel.
ETFs sind jedoch nicht die perfekte Geldanlage, als die sie oft dargestellt werden. Sie bieten zwar günstige Kosten und eine breite Diversifikation, haben aber auch erhebliche Nachteile. Die passive Struktur macht sie für sehr aktive Anleger ungeeignet, Klumpenrisiken und Marktverzerrungen sind real und versteckte Kosten sowie steuerliche Herausforderungen können die Rendite schmälern. Zudem fehlt die Möglichkeit, gezielter auf Marktveränderungen zu reagieren oder einzelne Aktien gezielt auszuwählen.
Letztlich investiert man aber gerne in ETFs, weil sie einen guten Depotkern bilden, um den man sich nicht so intensiv kümmern muss. Für Anleger, die sich gar nicht mit einzelnen Aktien beschäftigen wollen, sind ETFs auch nach diesem kritischen Artikel meiner Meinung nach die beste Variante. Man darf sich aber nicht in falscher Sicherheit wiegen und muss bei einem Crash genauso reagieren wie bei einem Einzelinvestment.
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